Auszug aus der unveröffentlichten Biographie meines Vaters
Dr. phil. Alfred Thoma


1. Laudatio zu Karl Willy Wagners 65. Geburtstag


Würdigung von Dr. phil. Alfred Thoma in der Zeitschrift Archiv der elektrischen Übertragung 2, 1948 , Seiten 117-119

Am 22. Februar beging der Herausgeber des Archivs der elektrischen Übertragung, Präsident a. D., Professor Dr. phil., Dr. Ing. E.h. Karl Willy Wagner seinen 65. Geburtstag.
Professor Wagner, der bereits im Herbst 1946 Gelegenheit hatte, in der Schweiz die persönlichen Beziehungen zu den dortigen Gelehrten und Fachkreisen wieder aufzunehmen, befindet sich gegenwärtig in Schweden, wohin er zu einem Studienaufenthalt eingeladen ist.
An Vortäge, die er in Stockholm, Uppsala und Göteborg gehalten hat, schließt sich jetzt eine Gastvorlesung an der Technischen Hochschule in Stockholm an. Von dieser Hochschule erhielt Prof. Wagner bereits 1919 die Goldene Cedergren-Medaille, die nach der Stiftungsurkunde alle fünf Jahre an den verliehen wird, der die Elekrotechnik durch seine Arbeiten gefördert hat. Der erste Empfänger dieser Medaille war C.P. Steinmetz, der zweite K.W. Wagner, der dritte Oliver Heaviside. ...

Hier können Sie die gesamte Laudatio lesen



(Bei weiteren Rückfragen schreiben Sie mir gerne an folgende Adresse: ulthoma@t-online.de)

2. Einzelheiten zur Entlassung von Karl Willy Wagner

Die folgenden Auszüge aus der Autobiographie (Seite 429 bis 431, Königstein im Taunus 1971) meines Vaters Alfred Thoma, der von 1934 bis 1936 als Assistent von Prof. Wagner am Heinrich Hertz Institut arbeitete, schreibe ich in der Absicht auf, dass die Ausführungen dem interessierten Leser deutlich machen, welches Unrecht Karl Willy Wagner widerfuhr und damit die damaligen Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten.

Ulrich Thoma im Januar 2009


"Ich hätte die Worte schon 1936 voll und ganz unterschreiben können, weil ich schon damals wußte, daß Prof. Wagner ein guter Mensch war, aber als Gelehrter von Weltruf fehlte ihm ein wenig Einfühlungsvermögen für seine Mitmenschen; er war im Hertz-Institut von vielen Schmeichlern umgeben, die hinter seinem Rücken schimpften und ihn 1936 im Januar, als er an einer Thrombose darnieder lag, zum Fall brachten.
Er entging knapp dem Konzentrationslager, weil er zu krank war.
Die Gründe für Wagners Maßregelung waren hergeholt:
Ein Büroangestellter im Institut hatte mehrere tausend Mark unterschlagen, und Prof. Wagner verzieh diesem Mann und legte aus eigener Tasche diesem Subjekt das Geld vor, damit dieser ohne Schwierigkeiten mit kleineren Raten von 50,- RM das Geld an Wagner zuräckzahlen konnte.
1936 hieß es, Wagner sei ein Volksfeind, weil der arme kleine Angestellte, der selbst der NSDAP angehörte, zuviel zurückzahlen müßte.
Außerdem hätte Wagner eine Leica von Firma Leitz sich schenken lassen, die in Wirklichkeit dem Hertz-Institut gehöre.
Wagner hatte viele und lange wissenschaftliche Sitzungen wahrzunehmen und war immer am Abend abgespannt, wenn er von einer Sitzung kam. Der Fahrer, ein junger Mann namens Brandenburg, mußte den Präsidenten zu einem Café fahren und dabei einen kleinen Umweg fahren. Später sagte der Fahrer, daß Wagner auf Institutskosten Benzin verfahren hätte.
Wir wurden damals 1936 Ende Januar im großen Hörsaal des Heinrich-Hertz-Institutes zusammengeholt, und ein SS-Mann Willing, der später Institutsdirektor wurde, sagte uns, daß Prof. Wagner wegen dieser oben angeführten Gründe seines Amtes suspendiert sei; es war für mich interessant, daß keiner der anwesenden Professoren dagegen sprach, so daß ich, als Willing fragte, ob noch einer der Anwesenden etwas zu sagen wünschte, aufstand und sagte:
"Diese Vorwürfe gegen Prof. Wagner sind alle erstunken und treffen nicht zu!"
Einige Tage später bekam ich die Quittung: Ich wurde sofort entlassen und durfte das Heinrich-Hertz Institut nie mehr betreten, aber ich erhielt mein Gehalt bis zum 1. April 1936."

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