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© ulrichthoma

 

Elektroklapprad

 

Eine Reise von Berlin nach Tating  auf der Halbinsel Eiderstedt und zurück

Inhalt

1. Tag. 1

Von Berlin nach Bremervörde mit dem Flixbus – 20 KM... 1

Ankunft im Teufelsmoor in Langenhausen. 24

2. Tag. 41

Von Langenhausen über die Elbe nach Wilster  - 84 KM... 41

Kennst du A. H.?. 41

Fahrt nach Wischhafen an der Elbe. 47

Hamelwördenermoor. 54

Über die Elbe nach Glückstadt 58

Wewelsfleth. 64

Wilster. 68

3. Tag. 71

Von Wilster über den Nord-Ostsee-Kanal nach Tating – 88,4 Km.. 71

4. Tag. 98

Im kleinen Haus Bernsteinchen auf der Halbinsel Eiderstedt – 18 KM... 98

5. Tag. 109

Rundfahrt um die Halbinsel Eiderstedt – 33 KM.. 109

6. Tag. 138

Ruhe in Tating – 0 KM.. 138

7. Tag. 140

Fahrt nach Westerhever – 27 KM.. 140

Wolfgang. 141

Am Westerhever Leuchtturm.. 149

Die Knutzenswarft 151

8. Tag. 154

Von Tating nach Lenzen an der Elbe   -   127 KM... 154

9. Tag. 201

Von Lenzen nach Wittenberge und Berlin – 35 KM... 201

 

 

 


1. Tag

Von Berlin nach Bremervörde mit dem Flixbus – 20 KM

 

Sonntag, der 9. September 2018

 

Meine Lust auf ein Abenteuer ist wieder da.

Wann und wohin und wie, ist die Frage, die mir durch den Kopf geht.

Das neue Elektrofaltrad soll es sein.

Mit ihm will ich mich auf den Weg in unsere geliebte zweite Heimat machen.

Auf nach Tating ins Haus Bernsteinchen auf der Halbinsel Eiderstedt.

 

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Flixbus Bremervördefertig

 

Der Flixbus soll mich erst einmal zu meinem Freund Manfred nach Bremervörde bringen. Er kümmert sich im kleinen langgestreckten Moorhufendorf Langenhausen

um seine Mutter Hildegard und ich hoffe, dass wir mal endlich ein wenig mehr miteinander sprechen können, denn wenn er in Berlin ist, fehlt die Zeit, weil er hier zwischen seinen Jobs

und der Versorgung der Katze durch die Stadt hetzt.

Um kurz vor 6.30 Uhr verabschiede ich mich von Ursel. Es ist immer sehr schwierig für uns Beide. Aber wir haben erfahren, dass es uns gut tut, ein paar Tage alleine zu leben.

 

Die Fahrt durch die ruhige Stadt geht schnell und am ZOB falte ich das Rad zusammen und packe es in den schwarzen Fahrradbeutel.

Um 8.15 Uhr soll der Bus starten und man ist verpflichtet, 15 Minuten vor Abfahrt zu erscheinen.

 

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Meine Fahrt nach Bremervörde wird auch um 8 Uhr nicht angezeigt und ich schleppe den schweren Sack und mein Gepäck zu dem Infoschalter von Flixbus, wo mir eine freundliche Mitarbeiterin die Nummer des Terminals nennt, an dem der Bus losfahren soll.

Dort stehen schon mehrere Passagiere und warten geduldig.

Der Abfahrtsort ändert sich noch zweimal und wir schleppen unser Gepäck hin und her.

Dann fährt der Bus vor und ich darf mein Fahrrad problemlos entgegen meiner Befürchtung nach dem Telefonat mit der Firma in den Bauch des Fahrzeuges schieben.

Nur bei dem Einstieg in den Bus gibt es Schwierigkeiten. Die beiden Ladegeräte und der 2. Akku aus Ursels Rad trage ich in einer Stofftasche um die Schulter.

Mein großer Rucksack muss jedoch als 2. Handgepäckstück noch in den Laderaum des Busses.

In Hamburg hole ich ihn wieder raus und der Fahrbegleiter genehmigt mit Augenzwinkern, dass ich ihn auch mit in den Bus nehmen darf.

Die Fahrt ist sehr ruhig und angenehm.

Ich genieße mein Schweigen und gleite mit dem Bus durch die Stadt und über die Autobahn.

 

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Die Ruhe tut mir gut, die Zeit verfliegt und ich werde hier und auf der gesamten Reise immer wieder von den meine Gefühle des Alleinseins unterbrechenden Chats mit Toni

und Andreas begleitet.

Andreas. Seine Reise in das Tal der Hunza im Himalaya. 6 lange Wochen mit Aufstiegen in die Bergwelt der Achttausender.

Er plant die Besteigung des Rakaposchi.

Rakaposhi bedeutet in der Sprache der Einheimischen „Glänzende Wand“.

Abenteuerlust und Verrücktheiten, so wie ich es auch liebe.

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Rakaposhia

 

Neben mir sitzt ein kleiner Chinese aus Hongkong, der lange telefoniert. Ich verstehe einzelne Worte. Erst kurz vor Hamburg spreche ich ihn an und wir reden einige Sätze in Chinesisch miteinander. Dann geht es in Englisch weiter.

Sein Name ist Sniper Chao und ich frage ihn, ob er ein „Sniper“ ist. Wir lachen zusammen und er erzählt mir, dass sein Vater tatsächlich in der chinesischen Armee ein Scharfschütze war.

Wir machen Fotos von uns und senden sie uns im komfortablen Flixbus mit Wlan gegenseitig. Wollen in Kontakt bleiben, falls sich mein alter Traum, noch einmal nach Hongkong zu reisen, in diesem Leben doch noch erfüllen sollte.

Chao hat für 7 Banken in der Schweiz und in Deutschland gearbeitet und jetzt arbeitet er für eine Hongkonger Firma, die mit Autoteilen handelt und kurioserweise „Deutschland“ heißt.

 

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Chao steigt in Hamburg aus und wir werden uns vielleicht bei seinem nächsten Besuch in Berlin wiedertreffen.

Die alte Vertrautheit der Stadt. Den glücklichen Jahren der jungen Verliebtheit.

Spaziergänge durch Planten und Blomen.

Der Hauptbahnhof, die rötlichen Backsteinbauten. Erinnerungen an meine Zeit in Hamburg in den Jahren 1971 und 1972.

Glückliche Tage. Viele Freunde im Studentenheim. Verrückte Zeiten mit den Abenteuern der Jugend im jungen Körper.

Im Grünspan auf der Reeperbahn. Den Geruch in der Nase.

 

Nach kurzem Aufenthalt fährt der Bus mit anderem Fahrer weiter durch die Stadt. Dann über die Köhlbrandbrücke. Hier war ich 1982 das letzte Mal mit meiner 9. auf Klassenfahrt. Schwere Tage mit verliebten Schülern, die in der Nacht durch das Fenster der Jugendherberge stiegen und die Maisfelder

abernteten. Meine gute Christa, die schon mit Anfang 20 an Krebs starb.

Die verliebte Bettina, die heulend barfuß in der Nacht vor meinem Zimmer stand und zu ihrem Heinz wollte, was ich ihr dann für 5 Minuten erlaubte.

Ihre Kinder sind heute schon erwachsen. Das Leben gleitet schnell vorbei.

 

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https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/ef/K%C3%B6hlbrandbr%C3%BCcke_%28Hamburg%29.4.phb.ajb.jpg

 

Dann geht es weiter durch die Stadt. Am Hafen vorbei, Tausende von Containern aufgestapelt unter Kränen.

 

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Der Flixbus fährt am Elbdeich entlang durch das Alte Land an den kleinen Obstbäumen vorbei, die hier überall Feldern stehen.

Manchmal geht es auf den Deich hinauf und man sieht kurz die Elbe.

 

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Ein weiterer Halt in Stade. Ich denke an meinen Freund W. und seinen schweren Unfall. Hier besuchte ich ihn im Krankenhaus Ende der 80er Jahre.

Jetzt lebt er in der Lüneburger Heide und manchmal telefonieren wir noch. Er hat ein hervorragendes Gedächtnis aber richtig gut geht es ihm nicht.

Mich verbindet viel mit seinem Schicksal.

 

Auf der Oste begegnen uns Paddler.

 

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Schließlich erreichen wir Bremervörde um 14 Uhr und ich steige aus.

Der Beifahrer hat mein Faltrad bereits aus dem Bauch des Busses geladen und lacht mich zusammen mit dem Fahrer an.

Gute Reise wünschen wir Ihnen.

 

Der Bus fährt los und ich stehe am Bahnhof alleine neben dem schwarzen Paket und meinen Rucksäcken.

 

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Atme erst einmal durch und beginne dann ganz in Ruhe das Rad auszupacken, den Packsack zusammenzufalten und mein Gepäck zu befestigen.

 

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Ein letzter Blick auf den roten Triebwagen erinnert mich an die Zeiten in Fulda, wo ich auf die Zementbrücke hochkletterte und von dort aus

die Rangierarbeiten eines alten Bahnarbeiters mit den länglichen Metall-Bremsschuhen stundenlang beobachtete.

Funken stoben zur Seite, wenn er den Bremsschuh vor die herabrollenden Waggons auf das Gleis legte.

Dem Mann fehlten einige Finger der rechten Hand.

 

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Dann fahre ich los und mithilfe des kleinen Elektromotors gleite ich durch die Stadt und hinaus auf die gerade Straße Richtung Süden.

Die Sonne strahlt und mich begleitet hier, wie auf der gesamten Reise, das Knacken der Eicheln am Boden unter den vielen Eichen am Wegesrand.

Herbststimmung. Gutes Wetter. Ein leichter Wind.

Alte Reetdachhäuser. Moorhufen beidseits der Straße.

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Moorhufendorf

 

 

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2 ältere Herren fahren vor mir und schnacken Platt miteinander.

Ich fahre leise hinter ihnen für einige Kilometer. Ruhe in mir und genieße die Freiheit des Gleitens auf dem Rad.

 

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Der warme Schmeichelwind, wie mein Freund Micha ihn bezeichnete.

Erinnerungen an meine 3 Jahre Paragliding. Zu gefährlich für einen alten Mann von 67 Jahren.

Wenn mir von oben die Garantie gegeben würde, dass ich heil bliebe, würde ich sofort wieder fliegen.

Aber die gibt jenes höhere Wesen mir ja nicht, deshalb lasse ich die Finger davon und freue mich über die Reise mit dem Rad.

Ankunft im Teufelsmoor in Langenhausen

 

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Nach 13 Kilometern erreiche ich das Straßendorfes Langenhausen im Teufelsmoor.

Neben mir verlaufen der große Graben und dahinter die Autostraße.

Manfred nennt das die Moorautobahn.

 

Ich fahre an Brümmers Gasthof vorbei. Wo heute die Mülltonnen stehen haben wir uns Mitte der 70er Jahre in eine alte Hollywoodschaukel gesetzt.
Manfred in die Mitte.

Die Stange der Sitzfläche knickte plötzlich unter dem Gewicht ein.

Wir hielten dann die beiden Enden fest und Manfred bog das Metall wieder nach oben, bevor wir uns davonschlichen.

 

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Schließlich stehe ich vor dem kleinen Haus an der langen Straße von Langenhausen.

 

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Ich stelle das Rad vor die Garage und komme erst einmal zur Ruhe. Mache Fotos und warte einige Minuten im Sonnenschein, bevor ich leise an

die Eingangstür klopfe. Manfreds Mutter Hildegard könnte ja noch ihren Mittagsschlaf machen.

Sofort öffnet Manfred und wir nehmen uns in die Arme. Ich freue mich, hier zu sein und meinen alten Freund, den ich seit dem Wintersemester 1969

kenne, endlich wiederzusehen.

 

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Manfred hat mir eine Suppe gekocht

Er selbst ist Veganer und macht gerade eine 16 stündige Fastenkur.

 

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Er war der erste Freund, den ich hier in Berlin kennenlernte und mit ihm habe ich viele andere Menschen kennen- und lieben gelernt.

Seine Mutter sitzt auf dem Balkon und wir begrüßen uns. Es ist zu lange her, über 40 Jahre, seit wir uns das letzte Mal getroffen haben, sie

erinnert sich nicht an mich, nicht an unseren Tanz in der Nacht auf dem Feuerwehrball.

 

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Wir sprechen über die liebenswerte Oma, die mich damals zur Heilerin Oma Bick brachte, die meine Rückenbeschwerden besprach.

Ich vermisse den immer zu einem Scherz aufgelegten Vater von Manfred.

Hildegard ist auch voller Humor, wir sprechen über die Verrücktheiten des Lebens und über Erlebnisse, die Manfred aus seiner Zeit der Abenteuer in Polen

und Berlin berichtet.

Die Geschichte mit dem Oldtimer und die Story mit den Pfifferlingen aus Polen für das KaDeWe.

Hildegard lacht darüber und ich bewundere die Beiden, wie sie seit vielen Monaten gemeinsam leben können und nur bei Kleinigkeiten Differenzen haben.

 

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Manfred hat sein Bettsofa für mich vorbereitet und schläft die Nacht auf dem Sofa nebenan. Typisch für ihn, immer großzügig und hilfsbereit.

Wir sprechen dann über den großen Bernstein, der von meinem Hals baumelt. Ich habe ihn an der Küste von St. Peter-Ording vor Jahren gefunden.

Hildegard bietet mir das „Du“ an und sie zeigt mir eine hübsche kleine Bernsteindose, die sie aus ihrer Heimat, dem Memelland, mitgebracht hat.

 

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Ich schenke ihr 3 kleine Bernsteine, so wie vielen anderen Leuten, die sich dafür interessieren.

Ich habe sie immer bereit in meiner Hemdtasche und es macht mir Spaß, sie wegzugeben, wenn ich die Freude der Menschen sehe.

Mir bedeutet der Besitz des Bernsteins wenig, das größte Glück ist das Suchen und Finden am Strand. Ein Gang über viele Kilometer, der einer Meditation gleicht,

bei dem Lieder in meinem Kopf klingen und wo ich im Jetzt sein kann.

 

Dann wandere ich mit Manfred an dem alten Haus vorbei, in dem er geboren wurde. Dort treffen wir die neuen Besitzer und sprechen ein wenig mit ihnen.

Es geht weiter aus dem Wald hinaus auf die weiten Wiesen, die immer noch der Familie gehören. Manfred erklärt mir eine neue Theorie der Finanzierung und schildert mir seine Pläne für das Land.

Es ist nicht einfach und ich äußere meine Gedanken dazu.

 

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Am Ende der Wiese beginnt der kleine Ort Gnarrenburg, wir können das Haus von Claudia und Günter sehen, wollen aber nicht stören und gehen zurück nach Hause.

 

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Manfred bereitet für uns ein opulentes Abendbrot zu

Es gibt Wurst und Schinken und Hildegard isst kräftig mit. Manfred fastet weiter seine 16 Stunden.

Ich betrachte die Bilder an der Wand und denke an Manfreds Vater.

 

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Die Nacht darf ich in Manfreds Bett schlafen, er ist auf die Couch umgezogen.

Viele Bücher und Skripte liegen hier auf dem Tisch.

Manfred studiert weiter in der Einsamkeit des Moores.

Wir diskutieren über das Leben nach dem Tod und Beweisführungen.

Er erzählt mir Anekdoten aus seinem Berufsleben.

Wir lachen viel zusammen.

Ich bin glücklich, dass wir in den vergangenen Jahren wieder nach der Hektik des Berufslebens zueinander gefunden haben.

 

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2. Tag

Von Langenhausen über die Elbe nach Wilster  - 84 KM

 

Montag, der 10.September 2018

 

Kennst du A. H.?

 

Am Morgen sitzen wir gemeinsam beim liebevoll von Manfred vorbereiteten Frühstück.

 

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Gestern hat Hildegard mir das „Du“ angeboten und heute sprechen wir über ihre Vergangenheit.

Die Flucht aus dem Memelland mit ihren beiden Schwestern und die schweren Anfangszeiten hier im Teufelsmoor.

Kühe melken und dann noch ihre Furcht vor Hühnern.

 

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Wir tauschen uns auch über das Thema „Mobilität“ aus und sie beschreibt, dass sie ständig die Beweglichkeit ihrer Finger üben soll.

Dann setzt sie sich an ihr Keyboard und spielt mir etwas vor.

Sie stellt mir schmunzelnd eine merkwürdige Frage, in der sich ihr Humor und ein wichtiger Lebensabschnitt widerspiegelt.

„Kennst du A. H.?“

 

Hier kann das Video mit dieser Frage angeschaut werden:

 

https://youtu.be/yX8NamNXgFo

 

Dann kommt um 8 Uhr der Abschied.

Ich will möglichst früh loskommen, denn eine lange Fahrt bis zur Elbe nach Wischhafen liegt noch vor mir.

Dann die Fähre, die mich hinüberbringen soll nach Glückstadt und schließlich noch die Quartiersuche am Abend.

Ich bin voller Erwartung und Freude.

 

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Fahrt nach Wischhafen an der Elbe

 

Langenhausen

 

Bei Sonnenschein fahre ich die Moorautobahn entlang nach Norden und westlich durch das Industriegebiet von Bremervörde weiter.

Als ich kurz anhalte, höre ich ein merkwürdiges summendes Geräusch aus der Ferne.

Auch als ich weiterfahre, bemerke ich es. Es wird immer nach einigen Sekunden unterbrochen.

Ob da ein Bauer an einer Maschine arbeitet.

Ich bleibe stehen und lausche genau.

Gehe zu dem im Hinterrad sitzenden Motor mit dem Kopf hinunter.

Dort kommt es her.

Oh mein Gott, eine Störung des Antriebes!

Dann bemerke ich, dass es aus meinem Rucksack kommt.

Die elektrische Zahnbürste.

Ich schalte sie aus.

Endlich Ruhe.

 

Der Kilometerzähler des Rades macht mir Freude. Auch die Geschwindigkeit wird hier angezeigt.

Und natürlich der Ladezustand der Batterie.

Es gibt 5 verschiedene Stufen, die ich nach Bedarf als Unterstützung der Kraft dazuschalten kann.

In der Regel nutze ich den Motor möglichst nicht, um die Entladung des Akkus möglichst gering zu halten.

Nur bei Gegenwind oder Steigungen schalte ich ihn an.

So kann man bis zu 40 Kilometer oder mehr mit dem Rad fahren.

Durch die 6 Gänge lässt es sich aber auch gemütlich ohne Strom fahren.

Die Mitnahme des 2. Akkus und der beiden Ladegeräte stellt eine große Belastung dar.

Am Ende meiner Reise werde ich beschließen, in Zukunft alle belastenden Gewichte zuhause zu lassen.

 

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Die Strecke führt über einsame Wege durch weite Felder und kleine Wälder.

Am Wegesrand stehen häufig Obstbäume, die niemand erntet.

Sogar ein Quittenbaum begegnet mir auf der Fahrt nach Norden in Richtung Elbe.

 

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Dann biege ich in Lamstedt nach rechts auf die Bundesstraße 495 in Richtung Hemmoor ab.

Nur noch 26 Kilometer bis Wischhafen und zur Elbfähre.

Das ist gut zu schaffen, denke ich.

 

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Eine große Brücke überquert die Oste. In diesem Fluss habe ich einmal eine ganze Nacht lang mit Wilfried geangelt.

Er hakte die Köderfische an und die Wollhandkrabben fraßen sie dann auf. Gefangen haben wir nichts in dieser Nacht.

Die Oste ist bis nach Bremervörde gezeitenabhängig und wird deshalb auch durch Deiche geschützt, die man hier gut auf dem

Bild erkennen kann.

 

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Auf einem Schild lese ich, dass hier der Ort Himmelpforten 15 Kilometer entfernt liegt.

In einem Schutzhäuschen mache ich Rast und spanne die ständig klickernden Speichen des Hinterrades nach.

Eine Speiche bricht.

Das ist sehr ärgerlich und auch eine Bedrohung für meine gesamte Planung der Fahrt.

Ich kann sie mit einer der mitgebrachten Ersatzspeichen reparieren.

Jetzt habe ich nur noch 5 Speichen, von denen 3 ca. 1 cm kürzer sind.

Es wird also knapp.

Ich rufe meinen Fahrradhändler Lalov in Berlin an und er gibt mir den Ratschlag, das Gewicht zu reduzieren. Er wird, wenn ich wieder in Berlin bin,

alle Speichen des Hinterrades ausstauschen.

Ich packe alle Gewichte in meine Stofftaschen und hänge sie an den Lenker des Vorderrades.

Dann geht es nach kurzer Mahlzeit weiter.

 

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Hamelwördenermoor

 

Kurz vor Wischhafen biege ich von der Bundesstraße nach links auf eine kleinen Straße ab, die mich durch die

Torfabbaufelder und an hübschen Höfen vorbei schließlich auf die Birkenstraße in Hamelwördenermoor führt.

Ich mache diesen kleinen Umweg, denn ich möchte kurz das Haus von Uschi besuchen, die hier seit einigen Jahren wohnt.

Vorher fahre ich noch zu der Tankstelle, an der Jochen sein Fahrrad vor einiger Zeit kaufte.

Ein freundlicher Fahrradhändler berät mich zu meinem Problem mit den Speichen, kann mir aber nicht helfen.

Er rät mir, einfach weiterzufahren und mich in mein Schicksal zu ergeben.

 

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Am Haus von Uschi hinterlasse ich eine kleinen schriftlichen Gruß und mache mich auf den Weg zur Elbfähre in Wischhafen, die mich nur wenige Kilometer entfernt über die Elbe bringen soll.

 

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Das Haus liegt sehr hübsch direkt an einem Sielzug, der in die Elbe entwässert.

 

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Über die Elbe nach Glückstadt

 

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Eine lange Autoschlange wartet auf das Eintreffen der nächsten Fähre. Sie können lange warten, oft bis zu 2 Stunden, obwohl

3 Fähren ständig den Fluss queren.

Ich warte nur 5 Minuten und darf als Erster auf ein Winken des Einweisers hin, auf das Boot rollen.

Elegant, mit eingeschaltetem Elektroantrieb die Rampe hinauf und bis zur rechten Vorderseite des Schiffes.

 

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Die Überfahrt dauert 34 Minuten und ich unterhalte mich mit 2 Damen aus Glückstadt, die mir für meine Quartiersuche den Tipp geben,

in den kleinen Ort Wewelsfleth zu fahren. Hier wohnte Günter Grass und es sei leicht, hier ein Zimmer zu bekommen.

Günter Grass. Ich denke mit Freude daran zurück, wie ich ihm in der Bennigsenstraße in Friedenau ein Paket in meinen Jahren

als Paketbote in die Hand drückte. Später sah ich ihn mit seiner ganzen Familie flott durch das Tempelhofer Flughafengebäude

rennen, als er jemanden dort abholte.

Friedenau und die Bennigsenstraße.

Hier saß ich oft mit meinem lieben Freund Micha 1970 und 1971, der mich im Frühjahr nach seiner plötzlichen schweren Krankheit,

die vor 2 Jahren begann, verlassen hat.

Ich vermisse ihn so sehr. Die Trauer wird langsam ein wenig schwächer, denn meine Dankbarkeit, dass er es hinter sich hat, überwiegt.

Ich suche den Kontakt zu meinen anderen Freunden. Pflege meine Kontakte. Sie helfen mir, jeder auf seine Weise, indem sie mich bereichern, den

Verlust von Micha hinzunehmen.

Wer Lust hat, kann hier über Micha lesen:

href="http://www.ulrichthoma.de/micha"

 

 

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Hier geht es zum Video:

Mit der Fähre von Wischhafen nach Glückstadt

 

 https://youtu.be/pujLTIJgQqg

 

Wewelsfleth

 

Am nördlichen Ufer der Elbe fahre ich gleich nach links zum Elbdeich, öffne eines der mir so vertrauten Schafstore und dann

geht es mit Blick auf den großen Fluss weiter in Richtung Brunsbüttel.

 

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Nach wenigen Kilometern erreiche ich den Ort Wewelsfleth, der mir gut gefällt.

Bald merke ich jedoch, dass alle Einzelzimmer ausgebucht sind.

Gegenüber einer kleinen Pension spreche ich lange mit den Nachbarn, die mir berichten, dass die Vermieter gerade nach Amrum

aufgebrochen sind. Sie rufen sie an, denn sie könnten mich mit ihrem Schlüssel in die Pension lassen, aber leider geht das nicht,

denn die Betten sind nicht gemacht.

Schließlich fahre ich zu dem hübschen Landgasthof Lüders.

Frau Lüders begrüßt mich und berichtet mir, dass sie komplett ausgebucht ist und kein Bett für mich hat.

Sie ist sehr freundlich und hilfreich und sagt:

„Was mache ich denn jetzt mit Ihnen?“

Sie telefoniert mit mehreren anderen Personen. Alle Zimmer sind belegt.

Dann kommt sie schließlich zu mir und drückt mir das Telefon in die Hand.

Es gibt noch ein Zimmer im zehn Kilometer entfernten Ort Wilster im Hotel Busch, ob ich es haben möchte, 58 € die Nacht + 7 € Frühstück

nach Wunsch.

Ich telefoniere mit einer freundlichen jungen Dame und nehme das Zimmer.

Frau Lüders möchte nicht mit auf das Foto, würde sich aber freuen, wenn ich hier ein Foto des Landgasthofes einfüge.

 

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Dann geht die Radelei trotz meiner leichten Erschöpfung wieder los.

Der Akku geht zur Neige, die Speichen klickern.

Am Horizont sehe ich den Atommeiler von Brokdorf.

Merkwürdig, hier zu wohnen.

 

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Wilster

Schließlich erreiche ich Wilster und finde schnell das Hotel Busch. Ein altes Gebäude, eine hübsche sehr freundliche junge

Dame aus Albanien am Empfang, ein dicker mürrischer albanischer Vater und seine stille fleißige Frau, die jeden Morgen hier

alle Zimmer reinigt und mir und einigen Arbeitern dann am Morgen das Frühstücksbuffet bereitet.

 

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Ich bin erschöpft und dankbar, nach einem opulenten Mahl in die sehr weiche Matratze meines Bettes zu fallen.

 

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3. Tag

Von Wilster über den Nord-Ostsee-Kanal nach Tating – 88,4 Km

 

Dienstag, der 11. September 2018

 

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Wilster

 

Der Morgen beginnt mit einem gemütlichen Frühstück.

Gegen 9 Uhr fahre ich dann los, nachdem mir die freundliche stille Dame des Hauses die Garage aufgeschlossen hat.

Es geht nach Nordwesten, denn da Wilster bereits weiter östlich liegt, als ich eigentlich meine Route nach Tating geplant hatte,

beschließe ich, nicht nach Brunsbüttel zu fahren, sondern den Nord-Ostsee-Kanal mit der Fähre bei Burg zu überqueren und dann

weiter in Richtung Meldorf und Wörden bis nach Wesselburen zu fahren.

Eine lange Fahrt steht mir bevor, aber ich habe keine Lust, noch einmal auf der Strecke zu übernachten und sehne mich nach der Gemütlichkeit

unseres kleinen Bernsteinhäuschens.

Leichter Nieselregen begleitet mich, hört jedoch schon nach wenigen Minuten oft wieder auf.

Egal, es geht weiter und ich komme schließlich an den Kanal.

Es ist eines der großen Bauwerke dieser Erde.

1887 wurde damit begonnen, 8 Jahre später war er fertig.

 

href="https://de.wikipedia.org/wiki/Nord-Ostsee-Kanal"

 

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Die Fähre wartet auf mich und in wenigen Minuten bin ich auf der nördlichen Seite unterhalb des auf einem großen Geestrücken liegenden hübschen

Ortes Burg in Dithmarschen.

 

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 Hier begannen Ursel und ich unsere erste Fahrradtour am Kanal entlang bis nach Brunsbüttel und dann über die kleinen Orte zurück nach Burg.

Jetzt kommt der Elektromotor mal richtig zum Einsatz.

Es geht steil hinauf durch die Stadt und über den Berg dann in rasender Fahrt ohne zugeschalteten Motor wieder hinunter in Richtung Süderhastedt.

 

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Die Fahrt läuft gut und nach einigen Stunden habe ich Meldorf erreicht und staune über die Größe des Ortes.

Es ist schon eher eine Stadt.

Meldorf liegt hinter mir und es geht in einigen Stunden Fahrt weiter über Wörden bis nach Wesselburen.

 

Meldort

 

 

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Es beginnt leicht zu tröpfeln und ich biege neben dem Kohlosseum zu unserer Aldi-Filiale ab.

 

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Mein kleiner Großeinkauf für die nächsten Tage wird gemacht. Ich genieße wieder die Ruhe und Freundlichkeit der Leute hier im Norden.

Als ich die Lebensmittel am Rad befestige und dann losfahre und schnell noch den Akku wechsele, beginnen der Regen und der Sturm.

 

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Schnell fahre ich noch zum Bahnhof und fotografiere den Fahrplan dort für die mögliche Rückfahrt nach Berlin.

 

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Der horizontale Regen, wie ich ihn nenne. Dazu Sturmböen, die mich nach rechts aus meiner Bahn schleudern.

Es geht an meine Grenzen.

Das Gleichgewicht halten und die Schlaglöcher im Asphalt beachten.

Das macht keinen Spaß und ich überlege mal wieder, was ich mir noch zutrauen kann.

 

 

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Dann noch die blöde Bundesstraße ohne parallelen Fahrradweg. Ich finde einen Teerweg und fahre ihn einige Zeit entlang.

Plötzlich endet er vor einem Feld.

Zurückfahren. Nicht die Geduld verlieren.

 

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Schließlich wähle ich die Route über kleine Dörfer westlich der Bundesstraße in Richtung Eidersperrwerk.

Ich fahre in dem Regensturm einfach auf einen Hof und unter ein Scheunendach. Nicke dem Mann, der gemütlich am Tisch sitzt und

mich durch das Küchenfenster anschaut, zu, und deute nach oben.

Er lächelt zurück.

 

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Dann geht es weiter. Ich habe meine Schuhe mit den FlipFlops getauscht und die Hose auch  wasserdicht in den Rucksack gepackt.

So stört mich die Feuchtigkeit von unten weniger.

 

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Dann endlich am Deich kurz vor dem Eidersperrwerk.

Der Wind wird ein wenig durch das Bauwerk ausgebremst.

Das Eidersperrwerk im Sturm. Ich fahre auf den Deich hinauf und über die riesige Sperrmauer und dann hinunter.

Die Halbinsel Eiderstedt ist erreicht.

 

 

 

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Hier geht es zum Video:

Sturmböen am Eidersperrwerk

 

https://youtu.be/r8u2DFqJhME

 

 

 

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b1/Eidersperrwerk.JPG

 

href=https://de.wikipedia.org/wiki/Eidersperrwerk

 

Die Sturmböen schlagen mir ständig die gelbe Regenkutte ins Gesicht. Schließlich ziehe ich sie aus und werde lieber nass.

 

 

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Kurz danach erreiche ich unsere geliebte kleine Schutzhütte am Deich von Vollerwiek.

Eine Pause ist dringend nötig. Der Mann mit dem Liegefahrrad, dem ich schon vor einer Stunde begegnet bin, biegt um die Ecke und macht

ebenfalls einen Halt.

Wir plaudern zusammen und ich gebe ihm Hinweise, wo er in St. Peter-Ording sein Zelt aufschlagen kann. Er plant weiter nach

Dänemark und dann an der Ostseeküste zurück nach Süden zu fahren.

Da er eben noch den langen Abstecher über Büsum geschafft hat traue ich es ihm zu.

 

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Nur noch wenige Kilometer bis nach Tating.

Ich entscheide mich für den kürzesten Weg neben der Bundesstraße.

Er fährt sich nicht gut, denn alle paar Meter wurde der Asphalt aufgeschnitten und außerdem gibt es viele Wurzelunebenheiten.

Meine Sorge des nächsten Speichenbruches ist wieder da.

In peitschendem Regen biege ich schließlich in unseren Weg über die Felder ein, der mich dann nach 2 Kilometern über die Bahnlinie führt.

Tating ist erreicht und ich fahre die Ladestraße entlang und dann in die Bahnhofstraße 17 auf unser Tor zu.

Unter den Bäumen hier ist der Sturm ausgebremst.

Meine geliebten Bäume. Der kleine Wald.

Hier bin ich zuhause.

Mit letzter Kraft schließe ich das Tor auf und schiebe das Rad mit dem schweren Gepäck über meinen kleinen Natursteinweg am

kleinen Haus Bernsteinchen vorbei, öffne den kleinen Schuppen und stelle es hinein.

Ich bin angekommen.

 

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Ein heißer Kaffee aus der Papa-Bären-Tasse und gefüllte Tortellini.

Die beiden elektrischen Heizungen wärmen mich.

Das Leben ist schön.

 

4. Tag

Im kleinen Haus Bernsteinchen auf der Halbinsel Eiderstedt – 18 KM

 

Mittwoch, der 12. September 2018

 

Heute wird lange ausgeschlafen.

Anschließend gibt es ein gemütliches Frühstück und dann mache ich mich an die Arbeit, nachdem unsere Gäste verschwunden sind.

Gegen Mittag mähe ich die Liegewiese und alle anderen Wiesen auf dem Grundstück und auch vor der Einfahrt.

Ich schneide einige Äste und beseitigen Brombeerranken.

Zum ersten Mal benutze ich beim Mähen den Grasfangkorb nicht und fege das Gras zusammen. Geht auch. Macht auf eine andere Art Freude,

denn ich brauch den Korb nicht immer wieder abzunehmen, auszuleeren und dann wieder dranzumontieren.

Immer neue Wege gehn und du wirst sehn, das Leben ist scheen.

Einer meiner alten Sprüche.

Beim Schreiben dieser Zeilen kommt mir der Gedanke, wer diesen Text hier wohl lesen mag oder wird und was er sich dann dabei denken wird?

Komischer alter Mann, dieser Ulrich Thoma. Was der so schreibt.

Und warum überhaupt?

Das denke ich auch oft.

Vieles wird so gleichgültig nach einem langen Leben.

Gleich-gültig.

Micha hat mich gelehrt, die Worte und Wörter zu beobachten.

Den Sinn der Sprache.

Also ist er mir immer gleichgültiger.

Das Schreiben oder Nichtschreiben.

Tun oder Nichttun.

Ich entscheide mich für das Tun.

Für die Bewegung.

Der Still-Stand kommt noch schnell genug.

 

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Es tut gut, hier zu sein.

Die Ruhe.

Die Natur.

Das Meer.

Ein guter Ort.

Ich besuche Gabriele und Hans, gebe ihnen den 3. Schlüssel und lerne einen ihrer Söhne und seine Freundin kennen.

Wir sprechen über Bernsteinsammeln und ich schenke ihnen einige kleine Bernsteine.

Ich mag sie.

Gute Eltern, gute Kinder.

Hätte fast Lust, mit ihnen zusammen eine Bernsteinfindeaktion am Strand zu verabreden.

Aber ich will mein Alleinsein pflegen und genießen.

Dann geht es weiter mit dem Rad zum Ordinger Strand und weil es schon später geworden ist fahre ich einfach auf dem großen Holzsteg bis nach vorne und schließe dort mein Rad an den Pfählen an.

Die Sandalen bleiben auch dort und barfuß geht es weiter zu den Stelzenhäusern und am Meer entlang, den üblichen Weg bis zum Tümlauer Koog Priel.

Es ist heute ein wenig kühler am Meer aber ich freue mich, hier zu sein.

 

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Dann zurück und mit dem Rad an der Bundesstraße entlang in der schon beginnenden Dämmerung bis nach Hause.

Ein gemütlicher Abend im kleinen Haus Bernstein erwartet mich.

 

5. Tag

Rundfahrt um die Halbinsel Eiderstedt – 33 KM

 

Donnerstag, der 13. September 2018

 

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Ein gemütlicher Morgen im kleinen Haus Bernsteinchen.

Frühstück mit Grapefruit und Müsli.

Unsere netten Mieter sind wieder früh unterwegs und ich nutze die Gelegenheit.

Hole die Heckenschere aus dem Heizungsraum und schneide mit Leichtigkeit und Ruhe die Hecke zur Bahn.

Falscher Jasmin. Ich liebe diese Pflanze seit den Kleingartenzeiten in Berlin.

Die abgeschnittenen Stengel verflechte ich wie üblich in meinen kleinen Zaun vor der Hecke.

Nachdem ich noch einige andere Arbeiten im großen Garten verrichtet habe, wie zum Beispiel die Beschneidung

von Brombeeren, die ich seit einigen Jahren auf dem gesamten Grundstück versuche zu entfernen, bekomme ich Lust

aufs Radfahren über die Halbinsel.

 

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Ich informiere mich an unserem Ticket-Automaten über Möglichkeiten meiner Rückreise nach Berlin.

Dann fahre ich los mit meinem Elektrorad.

Heute soll es mal Richtung Süden über die Bahn und dann weiter durch die Felder Richtung

St. Peter-Böhl gehen.

Im Sonnenschein entlang der Bundesstraße erreiche ich das große Einkaufszentrum mit Aldi und

versorge mich dort mit Nahrung.

Dann geht es zum Haus von unseren Freunden Rainer und Wolf und ich mache einige Fotos, die ich

ihnen sende, denn sie wissen nicht, dass ich hier bin und ich will sie überraschen und ihnen gleichzeitig

zeigen, dass der von ihnen geliebte Garten gut in Ordnung ist.

 

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Die Besuche in zwei Fahrradläden bringen kaum neue Informationen über meine bedrohliche Fahrradspeichensituation aber ich lerne einen sehr freundlichen Fahrradhändler kennen und beschließe, ihn in Zukunft vorrangig bei Fragen aufzusuchen.

Auf dem Deich fahre ich dann die lange Strecke bis nach St. Peter-Bad und schaue mir die Strandpromenade mit den vielen Menschen an.

Gosch gibt es hier und auch Boy Jöns hat hier einen seiner beiden Bernsteinläden platziert.

 

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Gegen den Hunger gibt es erst einmal Kartoffelpuffer mit einer doppelten Portion Apfelmus.

 

 

 

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Da heute leider in der Dünentherme Damensauna ist, fahre ich weiter an der Küste bis zu unserem geliebten Ordinger Strand.

Ich schließe das Rad auf dem Parkplatz an und wandere barfuß los durch die Dünenlandschaft auf den weiten Strand bis zur Spülkante und den

Stelzenhäusern.

 

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Ich liebe diesen besonderen Weg durch die Dünen und dann den ersten Blick auf das Meer immer wieder von neuem.

 

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Es ist heute so warm, dass sogar noch einige Menschen am FKK Strand baden.

 

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Heute finde ich  bei der Wanderung durch die Wellen einen besonders großen Seestern nach der stürmischen Nacht vor 2 Tagen.

 

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Es ist jedes Mal ein herrliches Gefühl, hier durch die Wellen kilometerweit in Richtung des großen Priels am Tümlauer Koog zu laufen und wie in einer

Meditation die Natur zu erleben.

 

https://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%BCmlauer-Koog

 

Öfter sieht man dort Seehunde und der Anblick des Leuchtturms von Westerhever in der Ferne ist jedes Mal wieder schön.

Dort strömt das Wasser bei ablaufender Flut kräftig hinaus ins Meer.

Bei Ebbe kann man sogar manchmal, wenn eine Nipptide herrscht, durch das Priel laufen oder sonst auch schwimmen.

Beim Durchschwimmen einer Bucht gegenüber auf der Westerhever Sandbank bin ich an einem heißen Sommer fast einmal ertrunken.

Aber das ist eine andere Geschichte.

 

Wieder zurück in Tating, mache ich mich auf den Weg ins Schweizerhaus Café am Hochdorfer Garten.

 

https://www.schweizerhaus-tating.de/

 

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Gemütlich sitze ich ein wenig abseits von den anderen Gästen in der Sonne mit Blick in den Park auf einem Liegestuhl und genieße meine heiße Schokolade und

die leckere hausgebackene Himbeerphiladelphiatorte.

In der Ruhe liegt die Kraft.

Manchmal gelingt es mir, in Ruhe die Gegenwart zu erleben.

Dies ist so ein Moment.

Anschließend mache ich einen Spaziergang durch das Dorf Tating.

Es geht an der Kirche vorbei und dann besuche ich das Grab unserer Nachbarin Betti.

Elisabeth starb nach langer Krankheit im Jahre 2003  und ihr Mann Ulrich vor einem Jahr.

 

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Bei unserem Autoreparateur Boy Pohns ist immer etwas los.

Ich mag ihn.

Seine ganze Ausstrahlung, die Art wie er spricht und denkt.

Bin gerne hier und schätze seine Art der besonderen Freiheit, sein Feingefühl im Umgang mit Maschinen jeder Art.

Er beginnt in der Regel erst gegen Mittag in seiner Werkstatt aufzutauchen. Dann geht es aber in seinem besonderen Tempo oft bis in die

Nachtstunden an die Arbeit.

Seine Ordnung ist ziemlich perfekt, obwohl es für einen fremden Beobachter auf den ersten Blick nicht so aussieht.

Er weiß genau, wo seine Werkzeuge und Dinge auf dem großen Grundstück liegen.

Und – genau wie bei mir zuhause – findet sich unter all der Materie oft genau das Teil, was man braucht und im Geschäft oft nicht so leicht bekommt.

So hat er mir vor kurzem für die Befestigung eines Wasserhahnes von einem Rohr die Mutter mit seiner Flex abgeschnitten und die passenden

Unterlegscheiben dazu produziert. Den Preis für seine Arbeiten setzt er dann so niedrig an, dass man ihm das Doppelte geben möchte.

Er hat schon viele Reparaturen an unseren Fahrzeugen und auch an Geräten wie Rasenmähern, Fahrrädern, Dachrinnen und Rohren

für uns vorgenommen. Er berät mich auch heute wieder bei der Speicheneinstellung des Rades.

Ihm verdanken wir auch eine sehr wichtige Empfehlung, nachdem unser Hausreinigungsdienst aus Tönning nicht mehr weiter arbeiten konnte.

Gegenüber wohnt unser Ersatzverwalter Friedhelm und auch unsere Reinigungsdame Michaela Schulz.

Sie ist ein Goldstück. Und ihr Mann ebenso. Wir sind sehr dankbar.

Ohne unsere Freunde und Helfer in Tating wäre alles nicht so, wie es ist.

Ich bin voller Dankbarkeit über das Glück, was uns hier zuteil geworden ist.

Friedhelm ist immer sehr offen und strahlt eine große Freundlichkeit aus.

Ich liebe seinen hessischen Dialekt und ich glaube, er liebt ihn auch.

Da ich in Königstein im Taunus geboren wurde und 15 Jahre in der damals erzkonservativen katholischen Hochburg Fulda in Hessen aufwuchs, ist

mir die Sprach vertraut. Als halber Hannoveraner durch meine Mutter, die meine Sprache sehr geprägt hat, war ich natürlich immer ein Außenseiter in Hessen.

 

Neben unseren freundlichen Hausverwaltern Gabriele und Hans und einigen anderen Freunden, wie unserem Gärtner sind all diese Menschen ein wichtiger

Grund, dass Projekt Haus Bernstein und auch die oft schwierige Vermietung weiter zu betreiben. Mal schauen, wie lange noch. Im Alter wird manches schwer und

schwerer.

Aber deshalb habe ich ja diese Reise gemacht. Mobil bleiben, sich bewegen, Mut haben und Neues unternehmen.

Wer rastet, der rostet.

Besonders an der Nordsee rostet alles recht schnell durch den salzigen Meereswind und das raue Klima.

 

Hier geht es zum Video:

Die Flut kommt am Ordinger Strand

 

https://youtu.be/WQpOaACB9Sk

 

 

 

6. Tag

Ruhe in Tating – 0 KM

 

Freitag, der 14. September 2018

 

Heute möchte ich mich erholen und in Tating zur Ruhe kommen.

Frau Schmidt begegnet mir am Bahnhof, als ich mich noch einmal an dem Fahrkartenautomaten über die Bahnangebote

des Schleswig-Holstein-Tickets informiere.

Das Fahrrad können Sie bestimmt im Bauch des Ersatzbusses mitnehmen, sagt sie zu mir. Am kommenden Samstag und Sonntag gibt es

nämlich wieder einmal diesen Schienenersatzbus, denn die Bahnstrecke wird repariert.

Ungünstig für mich und meine Planung der Rückreise an die Elbe.

 

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7. Tag

Fahrt nach Westerhever – 27 KM

 

Samstag, der 15. September 2018

 

Da mich Frau Schmidt auf die Idee gebracht hat, dass man das Faltrad auch im Bus mitnehmen lassen kann und ich fange den Busfahrer um 9.17 vor dem Grundstück ab. Er sagt auf meine Frage, ob dies geht – Sicher! Kein Problem, ich nehme Sie mit, aber es kostet 9 € mehr!

Erst überlege ich den Tag über, dass ich das dann am frühen Morgen so machen werde.

Aber die Gefahr ist mir zu groß, dass in der kurzen Umsteigezeit von nur 6 Minuten in Husum bei den häufigen Verspätungen der Busse und auch Züge, die mir immer wieder aus dem Lautsprecher des Bahnhofs Tating entgegen klingen, der Zug nach Hamburg nicht pünktlich erreicht werden könnte.

Damit würde sich meine Ankunft an der Elbe in Boizenburg von 11.07 auf 13.07 Uhr verzögern.

Das würde bedeuten, dass die lange Fahrt von Boizenburg nach Lenzen kein gemütliches Erlebnis, sondern eine Hetzjagd entlang der Elbe sein würde und das ist ja genau das, was ich nicht erleben möchte.

Ich bin ja zum Vergnügen auf diese Fahrt gegangen.

Deshalb entscheide ich mich für den sehr frühen Aufbruch per Rad in der Nacht zum Sonntag.

 

                    Wolfgang

 

Heute habe ich Lust, mich einfach auf mein Rad zu setzen und auf der Halbinsel Eiderstedt herumzufahren.

Es zieht mich in Richtung Westerhever.

Ich fahre nach Norden aus Tating heraus und über den alten Innendeich, an dem die dicken Holzbalken bereitliegen, falls der Aussendeich einmal bei einer

Sturmflut brechen sollte.

Dann bin ich im Tümlauer Koog, der in den 30ern eingedeicht wurde. Die Grundstücke wurden damals an die besonders treuen Parteigenossen vergeben.

Hier ist unser langjähriger Verwalter Herr B. großgeworden. Sein Vater kam damals in seiner Kindheit aus der englischen Gefangenschaft zurück. Er war ein Fremder für ihn, denn er kannte ihn seit seiner Geburt nicht.

Sein Elternhaus wurde später verkauft und die neuen Besitzer haben einen Swimmingpool eingebaut.

Lustigerweise hat sich unser guter Hans viele Jahre um dieses Haus als Verwalter gekümmert. Die Arbeit war jedoch nicht leicht.

Im Tümlauer Koog steht eine Tuschhütte. Ich mache kurz Halt und schaue mir die Sachen an.

Es ist nichts dabei für mich. Weniger Materie heißt das Motto schon seit langer Zeit.

Jahrzehnte gesammelt – seit Jahren die langsame und schwierige Auflösung.

Eine der großen und schwierigen Aktionen war der Transport des größten Bildes meines Onkels Helmut Thoma nach Horsbüll zu meinem guten Paul Vogel.

Wer es mal anschauen möchte, findet es hier:

 

http://ulrichthoma.de/thomacosi/

 

Informationen zu meinem Onkel gibt es hier:

 

http://ulrichthoma.de/helmutthoma/galerie.html

 

Und hier zu dem Bruder meiner Mutter, dem Maler Ernst Wolfhagen:

 

http://www.ulrichthoma.de/ernstwolfhagen/

 

Mein guter Onkel Ernst, ich bin ihm sehr dankbar, dass er vor bald 100 Jahren seine Schwester mit auf die

Silvesterfeier zu seinem Kommilitonen und Freund Helmut Thoma und seiner Frau Marion in die ehemalige

Wohnung des bereits in Schweden lebenden Bertolt Brecht nahm.

An diesem Abend lernten sich mein Vater Alfred Thoma und meine Mutter kennen.

Sie ließ ihren Hut liegen und Alfred rannte ihr hinterher, kam nicht zurück in die Wohnung.

 

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Es geht auf den Deich hinauf und ich danke dem kleinen Elektromotor.

Dann auf der anderen Seite hinunter und einige Kilometer entlang im Tümlauer Koog.

 

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Hier sammeln sich überall in den kleinen Gräben bei Flut die Sinkstoffe.

Sie werden dann nach Monaten von Baggern zwischen den Gräben aufgeschichtet

und so entstehen die auf fast allen Feldern der Marsch auch hinter den Deichen nach

Jahrhunderten noch sichtbare längliche Hügel.

So funktioniert die Landgewinnung.

 

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In einiger Entfernung sehe ich den berühmten Leuchtturm von Westerhever,

das Wahrzeichen der Halbinsel Eiderstedt.

 

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Ob mein Freund Wolfgang aus Berlin wohl zufällig auch gerade hier ist?

Ulle und Wolfgang, die ich seit der Geburt von Sebastian kenne, weil ich sie immer mit

ihren beiden Zwillingsmädchen auf der Straße traf, haben hier lustigerweise zur gleichen

Zeit ein wunderschönes Haus hier direkt am Deich gekauft und lieben Eiderstedt und die Nordsee

genau wie wir.

Ich schiebe das Rad über den Deich und stehe vor einer alten Wehle, die bei einer

Sturmflut mit Deichbruch in das Land gerissen wurde und einen kleinen See zurückgelassen hat.

 

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Dann bin ich vor dem hübschen Haus.

Die Tür steht offen.

Ist Wolfgang da?

Oder Ulle?

 

 

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Wir begrüßen uns mit einer festen Umarmung und ich bin glücklich.

Seine besondere Ausstrahlung. Wie immer, wenn wir uns begegnen, spüre ich dieses Gefühl der

Nähe zu einem Menschen.

Seine Freundlichkeit und sein Interesse sind das, was ich so sehr an ihm und manch anderem Freund schätze.

Wir sitzen in der Sonne, trinken ein Glas Wasser zusammen und lehnen uns an den neuen Schuppen.

Ich fühle mich wohl hier mit ihm alleine, genau wie damals als wir die lange Wattwanderung über die Sandbank von Westerhever

machten und ich im Schlick ausrutschte und mir den Fuß verknackste.

Ihm war kalt damals. Es war ein guter Tag.

Wir sprechen über seine Projekte und seine Familie. Über die Natur und den Garten.

Über das nahende Ende und das Leben.

Er interessiert sich für meine tägliche Meditation und Freiheit.

Ich erkläre ihm das SO-HOM Mantra und wir meditieren gemeinsam.

 

Die größte Bereicherung meines Lebens und das Ende einer langen Suche.

Vor 31 Jahren traf ich meinen Lehrmeister Detlef Uhle. Yogi Deenbandhu in der Stübbenstraße beim Bayerischen Platz.

Er führte mich in die Kriya-Yoga-Meditation ein.

Das tägliche Praktizieren hat die größten Veränderungen bewirkt.

Ich bin dankbar.

 

Wer an Meditation Interesse hat, findet hier Hinweise:

 

www.deenbandhu.de

 

Wolfgang erntet mit mir noch einige Pflaumen, die mich sogar auf meiner Rückreise nach Berlin noch

begleiten werden.

Dann verabschieden wir uns, denn er will weiterschreiben an der Familienchronik, die vielleicht irgendwann von

seinen Enkelkindern gelesen wird.

Wolfgang wird mir in Berlin einige seiner Bücher zum Lesen geben.

 

Dann geht es weiter und ich erreiche den Übergang zum Leuchtturm.

Hier war ich schon öfters um halb vier in der Nacht und habe mich an den Holzpfählen

entlang durch das Watt auf die große Sandbank begeben, um dort der erste Sucher zu sein.

Herr Boyens aus Oldenswort fuhr dann manchmal mit seinem alten Rad an mir vorbei und er war

dann vor mir an den Fundstellen, sammelte dort die dicken Bernsteine.

An einem der besonderen Bernsteintage fuhren wir ein Wettrennen durch den Sand und Schlamm

auf unseren Rädern, versuchten uns lachend zu überholen, um die Klunker als erster zu finden.

Nun ist er schon viele Jahre nicht mehr unter uns und irgendwie vermisse ich ihn.

Meine Suchlust ist schwächer geworden.

Der Besitz hat mich nie wirklich interessiert.

Das Suchen und Finden ist der Spaß.

 

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Hier geht es zu meinem Video:

 

Am Westerhever Leuchtturm

 

https://youtu.be/pq4b4YymsGE

 

 

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Es geht weiter am Deich bis nach Stufhusen.

Die kleine ehemalige Hallig wurde eingedeicht und ist ein schöner Anschauungsort.

Inmitten der wenigen Häuser liegt der Fething, ein kleiner Teich, in dem das Regenwasser

gesammelt wurde.

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Fething

 

Hier machte ich nach einer Sturmflut meine ersten großen Bernsteinfunde, als ich bei Frau Jörs

in der Knutzenswarft im Jahre 1987 alleine wohnte.

Sie hatte auch vor 2 Jahren ihren ersten Mann verloren und wir verstanden uns gut in unserer Trauer.

 

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Die Knutzenswarft

 

Hier begann meine Liebe zu Eiderstedt.

Mehrmals habe ich dann auch mit Ursel hier gewohnt und mich wohlgefühlt.

Frau Peters hieß sie damals und dann später Frau Jörs, brachte das Frühstück in die kleinen

Wohnungen.

Wir redeten viel miteinander an ihrem großen Küchentisch.

Sie rauchte viel und tischlerte und malerte an dem großen Objekt.

Pflegte liebevoll ihre Mutter.

 

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Sie traf Herrn Jörs beim Biikebrennen.

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Biikebrennen

 

Beide verlebten glückliche Tage und dann kam seine Krankheit und nach Jahren der Tod.

Heute lebt sie in Eckernförde, hat den Haubarg verkauft und auch den Hof ihres Mannes.

Wir halten Kontakt.

Oft hat sie mir geholfen.

Ihr Spruch „Klappern gehört zum Handwerk!“ hat mich motiviert, die Vermietung in eigene Hände zu nehmen.

Auch ich habe sie über viele Jahre unterstützt, ihre Homepage gestaltet und ihr Tipps gegeben.

 

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Zuhause koche ich leckere Spaghetti mit Pesto und genieße das Mahl.

Esse ein wenig zu viel davon und trinke zum ersten Mal seit langer Zeit wieder Alkohol.

Eine Flasche Rotwein.

Das war ein Fehler, wie ich bald merke.

Ich vertrage diese Menge nicht und beschließe, in Zukunft noch vorsichtiger mit der Droge umzugehen.

Immerhin seit fast einem Jahr habe ich jetzt ohne den Stoff gelebt.

Der Schlüssel war ein Kapitel des Buches „Loslassen“ von Cia Criss.

Mir wurde bewusst, warum ich Alkohol trank und meine Entscheidung, damit aufzuhören, hat ein wenig mehr

meinen Weg in die persönliche Freiheit geöffnet.

 

Als ich wieder in Berlin war, habe ich ein 2. Exemplar des Buches bestellt.

Man findet es nur noch second-hand für 88 Cent im Netz.

 

https://www.amazon.de/Loslassen-Cia-Criss/dp/3858334073

 

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8. Tag

Von Tating nach Lenzen an der Elbe   -   127 KM

 

Sonntag, der 16. September 2018

 

 

Boizenburg

 

Vor Aufregung schlafe ich nur kurz und stehe um 3 Uhr in der Nacht auf.

 

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Ohne Frühstück verlasse ich das kleine Haus Bernsteinchen und schiebe in der Dunkelheit leise, um unsere Gäste, Familie B. nicht zu stören, mein Elektroklapprad aus dem kleinen Schuppen und

über meinen Steinweg auf die Straße vor dem Tor.

Herr B. hatte mich gestern noch in seiner freundlichen Art angesprochen und mir erzählt, wie er als 15jähriger jedes Jahr seine Tante in Berlin-Friedenau besuchte und die Stadt dabei sehr lieben lernte.

Auch die Ausstrahlung dieser freundlichen und ruhigen Familie ermutigt mich, das Haus Bernstein weiter zu vermieten und dafür bin ich dankbar, denn es gibt manchmal doch unangenehme Aspekte.

Immer auf das Positive konzentrieren, das halbvolle Glas, die Gegenwart. Nur sie gibt es.

The Power of Now – Die Kraft der Gegenwart von Eckhardt Tolle, eines meiner Lieblingsbücher.

Lieblingsbücher, ein gutes Thema.

Meine Lieblingsbücher sind die, die eine Veränderung bei mir bewirken.

Natürlich verändern wir uns täglich, aber die wahren und für mich wirklich wichtigen Veränderungen finden in der Regel nur langsam statt.

Meine Aufgabe des Alkohols, die tägliche Meditation, die Suche nach der Freiheit, die Selbstfindung und Auflösung von Täuschungen – all das steht im Mittelpunkt des Lebens.

Das große Glück mit Menschen nah zusammen zu leben, die mich auf diesem Wege unterstützen und begleiten, die mich bereichern und möglicherweise dem Ziel noch in diesem Leben

näherbringen.

In den vergangenen Monaten waren neben dem schon erwähnten Buch „Loslassen“ von Cia Criss –  die Bücher

von Aljoscha Long und Ronald Schweppe, wie zum Beispiel:

Bao, der weise Panda und das Geheimnis der Gelassenheit - eine große Bereicherung für mein Leben.

 

https://www.amazon.de/s/ref=nb_sb_noss/260-5456293-1169643?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&url=search-alias%3Dstripbooks&field-keywords=die+gelassen+heit+des+panda

 

Und wieder steht seit Monaten – Die Macht der Gedanken – von Eugene Davis, einem Kriya-Yoga-Lehrmeister - im Mittelpunkt meines Leseinteresses.

 

Der Tod meines geliebten Freundes Micha, den ich seit 1969 kenne und was Cia Criss über Alkohol und Suchtverhalten schreibt, hat unter anderem

meine Abkehr von der täglichen kleinen Betäubung bewirkt.

Wer Micha noch einmal anschauen möchte, kann ihn hier finden:

 

www.ulrichthoma.de/micha

 

Oder auch in meinem Herzen, ich vermisse ihn so sehr und bin gleichzeitig erleichtert, dass er seine Krankheit hinter sich hat.

 

Genug der persönlichen Gedanken.

 

Es geht weiter durch die Nacht. Die helle mit Akku betriebene Lampe am Rad leuchtet mir gut den Weg auch in der schwachen Stufe, auf die ich sie eingestellt habe, damit der Strom lange fließt.

Ich bin alleine in der Nacht, kein Auto zu sehen, alles schläft noch.

Ein Albinohase springt vor mir über den Weg nach Süden in Richtung Deich.

Über mir ein herrlicher Sternenhimmel, der Orion ist schon da.

Autumn and winter are coming.

Ich überquere die Bundesstraße und fahre auf dem immer wieder recht holprigen Asphaltweg, der die Straße begleitet, in Richtung Eidersperrwerk.

Heute habe ich im Gegensatz zu der Regensturmfahrt auf der Hinreise hier, Zeit und achte deshalb besser auf die aus dem Asphalt gefrästen Stücke und dadurch entstandenen Kanten.

Das Klickern der Speichen des Hinterrades und damit die ständige Bedrohung des Brechens einer Speiche stört mich  nicht mehr so sehr, ich habe mich daran gewöhnt und in mein Schicksal ergeben.

Es gibt immer Lösungen und ich beobachte meine Sorgenhaltung, versuche sie in Gelassenheit zu verwandeln. Gelassenheit, Loslassen, Geschehen lassen, Let it be!

Dann habe ich das Eidersperrwerk erreicht, ein einziges Auto ist mir bisher begegnet.

 

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Der Elektroantrieb hilft mir, das Rad hinaufzuschieben und ich fahre an den dunklen rauschenden Toren der riesigen Sperrplatten vorbei und dann wieder hinunter auf die Straße.

 

Kurz vor Wesselburen fängt die Fahrradlampe an zu flackern und geht innerhalb von wenigen Sekunden aus.

Ich bremse und nehme meine kleine Taschenlampe aus der Hosentasche. Ich halte sie in der linken Hand und leuchte den Weg frei, ohne sie wäre ich jetzt für einige Stunden in der Dunkelheit der Nacht

zum Stillstand gekommen.

So geht es weiter durch den Ort am Kohlosseum vorbei und dann auf dem Fahrradweg entlang der Straße in Richtung Wörden. Von Zeit zu Zeit schalte ich die Lampe aus, um zu sehen, ob ich schon

ohne sie den Weg erkennen kann. Aber es ist zu gefährlich, weil sich die Dämmerung erst langsam im Osten andeutet.

Wieder ein Auto begegnet mir und es beginnt langsam im Osten zu dämmern.

 

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Ich erreiche den Kreisverkehr und biege ab in Richtung Heide, denn hier will ich den Zug um kurz nach 8 Uhr erreichen.

Einige Kilometer vor Heide brauche ich das Licht nicht mehr.

Ich fahre durch die Stadt und an dem großen Marktplatz vorbei, wo Leute bereits ihre Autos entladen, um einen Trödelmarkt aufzubauen.

 

Von diesem Marktplatz gibt es alte Fotos, auf denen Tausende von Kühen zu sehen sind. Ich weiß von Ursels Vater, dass sein Vater damals aus Ostpreußen in Behle seine Rindviecher telefonisch hier

aus Nordfriesland bestellte und diese mit der Bahn zu ihm transportiert wurden. Er hat sie dann als Viehhändler auf dem Markt mit seinem älteren Sohn verkauft.

Vielleicht standen sie auch hier auf dem Marktplatz in Heide oder wurden sogar über die Rampe in Tating in die Züge verladen, wie mir unser lieber Herr Dort in Tating schilderte.

Das ist lange her, geschah in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Ich kann es kaum glauben, dass mein Erscheinen auf diesem Planeten auch schon so lange her ist.

In meiner Jugend hätte ich niemals geglaubt, dass ich diese Alter erleben würde, insbesondere nach dem frühen Tod meiner Mutter und meines Vaters, die ich jetzt schon 10 Jahre bzw. 2 Jahre altersmäßig überlebt habe.

Als ich auf den Bahnhof zufahre, entdecke ich, dass in Kürze ein früherer Zug bereits nach Hamburg-Altona fahren wird.

So steige ich einfach ein, als er einige Zeit später, um kurz nach 7 Uhr, einrollt.

Im Zug vergnügen sich 2 Gruppen von Jugendlichen mit lautem Singen und Alkohol.

 

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Ich falte das Rad zusammen, wie es Vorschrift der Deutschen Bahn ist, wenn die Mitnahme kostenlos sein soll.

 

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Und wieder geht es über den Nord-Ostsee-Kanal, dieses Mal allerdings nicht mit der Fähre sondern über die große Stahlbrücke.

 

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Dann überlege ich mithilfe der App HERE, ob es sinnvoll ist, mit dem Rad von Altona über die Reeperbahn zum Hauptbahnhof zu fahren und entscheide mich, in Glückstadt auszusteigen, denn dort kann ich wenige Minuten später in den Zug wechseln, der direkt zum Hauptbahnhof fährt.

 

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Neben mir wartet ein Mann mit einem Rad. Wir kommen ins Gespräch und er schildert mir seine Planung, heute an die Lahn zu fahren und dort den Lahnradwanderweg in den kommenden Tagen auszuprobieren.

Er hat vor 2 Jahren seine Frau verloren und wir sprechen über den Tod und die Schönheit des Lebens, kommen uns in den wenigen Minuten sehr nah im Gespräch und verabschieden uns dann schnell in Hamburg.

Er hat sein Leben lang bei der Bahn gearbeitet und wohnt in einem kleinen Dorf Borsfleth nahe der Elbe und der Stör.

 

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Unsere beiden Räder stehen nebeneinander. Es gibt auch in diesem Zug keine Kontrolle.

 

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Dann endlich in Hamburg auf dem Hauptbahnhof.

Ich fahre mit quergestelltem Vorderrad die Rolltreppe nach oben und werde an der Information von einer kompetenten hübschen Dame beraten.

Sie druckt mir den genauen Zeitplan für die Weiterreise nach Boizenburg mit dem Regio 2 aus. Ich habe noch über eine Stunde Zeit bis zur Abfahrt.

 

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Gegenüber des Informationsschalters ist ein kleiner Shop. Ich versorge mich mit 2 Pfannkuchen mit Erdbeerfüllung, 2 Bananen,

einem Franzbrötchen und einer heißen Schokolade.

Am Fahrrad gibt es dann erst einmal mein Frühstück.

Wie lecker so eine heiße Schokolade schmeckt, wenn man seit 3 Uhr nachts unterwegs war!

Eine kleine Gruppe bewundert meinen Bernstein und ich schenke ihnen einige Steine.

 

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Dann geht es hinaus aus dem Bahnhof und hinüber zur Hamburger Kunsthalle.

Hier ist im Moment die Ausstellung „Entfesselte Natur“ zu finden. In Berlin lese ich einen Artikel darüber.

Unter folgendem Link gibt es weitere Infos dazu:

 

https://www.hamburger-kunsthalle.de/ausstellungen/entfesselte-natur

 

 

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Neben der Kunsthalle schläft ein Mensch.

 

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Nicht weit entfernt steht Heidi Kabel vom Ohnsorg Theater.

 

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Schließlich geht die Fahrt weiter im Zug nach Boizenburg.

Die Nummer des Abfahrtsgleises hatte sich noch geändert und nach einer Stunde steigen 2 ältere Damen mit ihren Rädern

wieder aus und fahren nach Hamburg zurück, denn sie wollten nach Scharbeutz an die Ostsee.

 

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Eine Frau sitzt mir gegenüber und ich bin fasziniert als ich sie bemerke.

Sie spricht mich an und wir unterhalten uns.

Diese Ähnlichkeit.

Meine Stiefmutter Ruth. Als ob sie wieder auferstanden ist.

Nur die Stimme ist eine andere.

Liebe Familienmitglieder. Was sagt ihr dazu? Irre ich mich oder sieht sie nicht genau aus wie Ruth?

Ich mache heimlich ein Foto von ihr.

 

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Um sieben Minuten nach elf Uhr erreiche ich, meinem Plan entsprechend, Boizenburg.

Das war mein Wunsch.

Möglichst früh hier zu sein, um die lange Strecke von hier bis nach Lenzen mit gemütlicher Fahrt zu schaffen.

Das Quartier in Lenzen an der Hauptwache bei unserem lieben Herrn Hennig ist reserviert.

Dort möchte ich gerne hin, denn die freundliche Atmosphäre und stilvolle Einrichtung der Zimmer hat uns vor einem Jahr

nach unserer verzweifelten Fahrt im Regen gegen den Wind an der Elbe sehr gut gefallen.

Gegen den Wind in Richtung Hamburg. Das war damals der Fehler in der Planung.

Dachte ich.

Heute merke ich, dass der Wind bei einer Fahrt an der Elbe immer wieder aus den verschiedensten Richtungen weht, denn

der Fluss schlängelt sich natürlich.

Egal, der Elektromotor unterstützt mich kräftig und ich freue mich über das gute Wetter und die wundervolle Landschaft.

Erst einmal geht es viele Kilometer nach Osten durch Flusslandschaften und Altarme der Elbe.

Von dem großen Fluss Elbe sehe ich zunächst nichts.

 

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Die Straße führt auf alten Elbdeichen entlang.

 

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Viele kleine Seen und Tümpel liegen auf dem Weg.

 

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Einige Kilometer lang ist der Weg sehr steinig und schlecht befahrbar. Nicht gut für die Speichen des Rades.

 

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Nach 13 Kilometern erreiche ich dann die Fähranlegestelle von Bleckede.

 

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Das Klickern des Hinterrades hat sich wieder verstärkt.

Ich halte an und sehe erneut eine zerbrochene Speiche.

Die Reparatur dauert nur 15 Minuten. Ich werde schneller.

Ein kurzes Picknick.

Dann geht es weiter den Fluss entlang.

 

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Weiter geht die schnelle Fahrt am Elbdeich entlang als ich plötzlich eine helle Stimme höre:

„Es gibt leckeren Zwetschenkuchen und Kaffee!“

Frau Beate H. sitzt vor ihrem gemütlichen Garten-Café am Deich und lächelt mir zu.

Ich greife in die Bremsen und rufe ihr zu: „Das ist ein Grund zum Anhalten und für eine Pause!“

Beate H. strahlt eine große Offenheit und Freundlichkeit aus. Sie serviert mir eine heiße Schokolade, stellt einen kleinen Zimtstreuer und Zuckerstückchen neben den Becher und es gibt tatsächlich leckeren selbstgebackenen

Zwetschenkuchen mit frischer Sahne.

Ich darf meinen Akku in ihrer kleinen Toilette aufladen. Sie füllt meine Wasserflasche auf und wir kommen ins Gespräch.

Frau Beate H. erinnert mich ein wenig an Brigitte V.

Sie hat auch in Berlin und in Spandau gelebt und stammt aus Kiel.

Wir schauen uns die Fenster des Hauses und die Küche an und sie hört sich meine Vorschläge hinsichtlich der Renovierung an.

Die Küche und die Wohnräume sind gemütlich eingerichtet. Hier könnte ich auch leben. Die Besonderheit des Ortes, direkt an der Elbe, die Einsamkeit, alles  spricht mich an.

Dann ruft sie den nächsten Radlern wieder mit ihrer hellen Stimme zu und sie halten an. Ja, - Klappern gehört zum Handwerk – hat meine Freundin Frau Jörs mir schon vor Jahren gesagt.

Als ich zurück in Berlin bin, sende ich Herrn Ronald G. die Fotos von diesem besonderen Ort und er schreibt mir, dass er sie ausdrucken wird und am Abend dann als Überraschung seiner Freundin mitbringen wird.

Ich werde diesen Ort wieder besuchen. Aber du kannst niemals in denselben Fluss steigen.

 

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Ein Wachtturm aus alten Zeiten steht auf dem Deich.

Es ist nicht der einzige, der mir begegnet.

Ja, ja, die Deutschen. Ein interessantes Völkchen.

Valentine, gleich kommen wir nach Deutschland, da musst du gut aufpassen, da ist alles verboten!

Ich denke an die Grenze zu Mexico und an andere Staaten.

An Grenzen und Besitz und Macht und Gier und all die anderen Muster.

Der Mensch.

Leider haben wir bisher nur ihn.

Es gibt nur sehr wenige Ausnahmen, die anders sind.

 

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Es geht weiter an der Elbe entlang, immer oben auf dem Deich, damit ich den Blick über das Wasser genießen kann.

Mein Traum hat sich verwirklicht.

Eine gute Reise.

Mobilität oder Stillstand. Das ist die wichtige Entscheidung.

Sitzen, Liegen oder auf einem kleinen Fahrrad durch die Welt fahren.

Allerdings werden die letzten Kilometer doch noch ein wenig schwierig für mich.

Ab dem Ort Dömitz verlasse ich die Elbe und fahre die letzten 20 Kilometer über Straßen und durch Wälder bis ich schließlich in dem schönen Ort  Lenzen mit der letzten Ladung des Akkus eintreffe.

Schnell finde ich das Quartier von Herrn Hennig an der Hauptwache 1 und parke mein Rad vor dem alten Haus, das von ihm in den vergangenen Jahren liebevoll renoviert wurde.

Wer auch einmal in dem schönen Haus übernachten möchte, findet es hier:

 

https://www.zurhauptwache.de/

 

 

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Carsten Hennig empfängt mich und ich spüre in unserem Gespräch vor der Eingangstür wieder seine freundliche Ruhe und fühle mich sofort wieder sehr wohl, bin glücklich, diesen Ort als Quartier für die Nacht gewählt zu haben.

Da ich leider versäumt habe, ein Foto von ihm zu machen, hat er mir per Mail nach meinem Urlaub das folgende Bild von sich zugesandt.

Anscheinend fährt er auch gerne Rad.

 

Karsten-Hennig

 

Gegenüber  von seinem Haus steht die Brezeltante, eine Skulptur, die an Anna Grieben erinnern soll, die im Jahre 1612 verstarb. Sie war eine tief gläubige Christin, die nach dem Tod ihres Kindes beschloss, dass fortan ein jegliches Kind der Stadt auf einem Fest eine Brezel erhalten solle.

 

 

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Es gibt jetzt einen Fahrradraum für die Gäste und ich schließe mein Rad dort an.

Dann geht es die Treppe hinauf zu dem gemütlichen und stilvoll eingerichteten Zimmer, was nur 28,- € kostet. Ich bezahle es sofort und mache mich auf den Weg zu dem kleinen Wirtshaus an der Straße.

Eine Dame dort teilt mir auf meine Anfrage in unfreundlichem Ton mit, dass bereits geschlossen sei.

Na ja, macht nichts, denn ich habe noch Vorräte für ein gemütliches Abendbrot im Zimmer.

 

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9. Tag

Von Lenzen nach Wittenberge und Berlin – 35 KM

 

Montag, der 17. September 2018

 

Wittenberg

 

Das war eine gute Nacht in dem hübschen Zimmer von Herrn Hennig.

Ich überlege, ob ich das Angebot des Bäckers in Lenzen nutzen möchte und dort frühstücke.

Packe in Ruhe meine Sachen zusammen und entscheide mich dagegen. Die Natur, die Elbe, die schöne Fahrt im Sonnenschein. Das zieht mich mehr an als die Füllung meines Magens.

Im Fahrradraum treffe ich noch zwei weitere Radler, die in Richtung Magdeburg fahren wollen.

Dann geht es los. Herrn Hennig habe ich eine kleine Dankesnotiz auf den Tisch gelegt.

Der Weg führt mich durch Lenzen an den Fachwerkhäusern vorbei hinaus Richtung Elbe. Es wird doch eine Menge renoviert und wieder instandgesetzt im Ort.

 

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Der heutige Tag gehört mir. Es ist ein Tag des ruhigen Fahrens an der Elbe ohne Zeitdruck. So werde ich es in Zukunft planen.

Viele Pausen, ein Griff zum Fernglas. Beobachtung der Tierwelt auf dem Fluss.

Kormorane, Enten, Reiher.

Schafe, freilaufende Kühe und Pferde.

Ein kleines Paradies mit wenigen Menschen und Gebäuden am Rande des Wassers und in den Überflutungsgebieten.

 

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Auf dem asphaltierten sehr gut befahrbaren Weg geht es auf der Deichkrone gemütlich weiter in Richtung Wittenberg.

Heute fahre ich bis dort nur gute 30 Kilometer weit.

Auf einer Tafel wird das Projekt der Rückverlegung des Deiches bei Lenzen beschrieben.

Die Hochwassergefahr mit möglichen Überflutungen soll durch solche Rückgewinnung der Elbtalauen gebannt werden.

 

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Im kleinen Ort Lütkenwisch mache ich Pause und genieße mein Frühstück.

 

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Ein Paddler treibt den Fluss hinunter, vorbei an den Kormoranen und Wildgänsen.

 

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Dann geht es weiter. nur noch 17 km bis Wittenberge.

 

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Dies ist für mich die schönste Strecke entlang der Elbe, weil ich dem Fluss immer sehr nahe bin.

 

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Kurz vor Cumlosen wieder eine Erinnerung an die schwierigen Zeiten in den beiden Deutschlanden.

 

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In einem Seitenarm liegt ein kleiner Yachthafen.

 

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In Cumlosen ist meine heutige Fahrtroute auf einer Tafel genau zu sehen.

 

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Heute habe ich genug Zeit und eine weitere Rast ist angesagt.

 

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Nur noch wenige Kilometer und ich sehe die große Elbbrücke von Wittenberge vor mir.

Das Ziel ist erreicht und meine Fahrt entlang der Elbe geht zu Ende.

 

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Nach wenigen Kilometern erreiche ich schließlich den Bahnhof.

 

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Es gibt heiße Schokolade und Gebäck, denn der Zug nach Berlin fährt erst in einer Stunde.

 

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Wie gut, dass es auch hier Fahrstühle für das Rad gibt.

 

 

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Vom Zugbegleiter erfahre ich, dass ein Ticket nach Berlin nur 13 € kostet.

Gut zu wissen, denn ich habe das Berlin-Brandenburg-Ticket gelöst, mit dem bis zu 5 Personen für 29 € fahren können.

Der Regio ist fast vollkommen leer und gleitet schnell und komfortabel für eineinhalb Stunden durch die Landschaft.

 Erst in Spandau strömen die Menschen in die Waggons.

 

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Ein vertrauter Anblick erwartet mich.

Home Sweet Home.

 

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Nach wenigen Minuten bin ich vor der Eingangstür unseres Hauses angekommen.

Nur noch das Rad in die Wohnung tragen und dann …

 

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Insgesamt bin ich auf dieser Reise 435 Kilometer weit auf meinem Elektroklapprad gefahren!

 

 

© ulrichthoma

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